Dienstag, 31. Januar 2012

Arabischer Frühling und Libyen-Krieg

Arabischer Frühling und Libyen-Krieg:
In Tunesien führt die Protestbewegung, die sich nach dem Tod eines jugendlichen Gemüsehändlers radikalisiert, zum Rücktritt von Präsident Ben Ali. Auslöser ist die Finanzkrise, die 2008 eine massive Erhöhung der Lebensmittelpreise in Tunesien auslöste.

Der Erfolg in Tunesien macht der Opposition in Ägypten Mut, worauf es zu wochenlangen Protesten kommt. Seit Ende 2008 finanziert die US-Botschaft in Kairo Aktivisten gegen Mubarak und fliegt diese an Demokratie-Kongresse in die USA.

Der Sturz Mubaraks wird auf 2011 geplant. Nachdem Mubarak seinen Sohn Gamal als Nachfolger installieren wollte, plant auch das ägyptische Militär seinen Sturz. Gamal diente nie im Militär und ist mit neoliberalen Geschäftszirkeln verbandelt, die immer grössere Teil der Wirtschaft kontrolliert und damit in Konkurrenz zu Militär steht, das zwischen einem Viertel und der Hälfte der Wirtschaft beherrscht. In den ersten Tagen treffen die protestierenden Jungen, Linken und Mittelklasseangehörigen auf immense Gewalt, de über tausend Tote fordert.

Angesichts der trotzdem anhaltenden Proteste setzt Diktator Hosni Mubarak, der 1981 den ermordeten Sadat ersetzt und seine proamerikanische Politik weitergeführt hat, seinen Geheimdienstchef und ehemaligen CIA-Agenten Omar Suleiman als Vizepräsident ein. Auch die Stiftung von Chaos mit Ermordungen führt nicht zur Wiedererlangung der politischen Kontrolle. Mubarak tritt am 11.2.11 zurück. Er hat in den 30 Jahren mindestens $60 Mia. von den USA erhalten, ein Teil privat, den Grossteil in Form von Waffen. Die USA haben zudem die ägyptischen Offiziere, den zentralen Faktor von Mubaraks Diktatur, ausgebildet.

Ein wesentlicher Faktor für die Revolte gegen Mubarak ist die Mangelernährung. Ägypten braucht ein Grossteil seines Geldes für Weizenimporte, weil die arme Bevölkerung, rund die Hälfte der 80 Mio. Einwohner, sich nur subventioniertes Brot leisten kann. Die Weizenabhängigkeit begann in den 70er Jahren, als die USA kostenlos Weizen lieferten, um das Land in die Abhängigkeit zu führen. In den 90er Jahren übernahmen die fünf grossen Handelsgesellschaften, die 90% der US-Nahrungsexporte kontrollieren, die Lieferungen gegen Bezahlung, was unter anderem die Verschuldung massiv fördert. Da sich Ägypten der Koalition gegen den Irak anschloss, erliessen die USA ein Teil der Schulden, und der IWF unterstützte die Privatisierungen mit grosszügigen Krediten. Trotzdem führte die massive Preissteigerung der Nahrungsmittel auf dem Weltmarkt zur Vearmung der Bevölkerung. Nachdem Rücktritt Mubaraks übernehmen die Militärs die Macht, womit die Unterdrückung wie bisher weitergeht. Die USA unterstützen auch die Muslimbrüder, die in der Wirtschaft stark verankert sind und als Unternehmer Kontinuität garantieren.



Im Oman gerät Sultan Qaboos unter Druck, der in despotischer Manier über sein 3 Mio.-Volk herrscht: jede Kritik ist verboten und alles wird streng überwacht. Der absolutistische Herrscher wurde bisher in den USA gelobt für seine ‚weise’ Regierung, etwa von Robert Kaplan. Auch der von den USA mit $300 Mio. jährlich unterstützte Präsident von Jemen, Ali Abdullah Saleh, gerät unter Druck, insbesondere nachdem sich der US-Botschafter Gerald Feierstein mit der Opposition in der US-Botschaft getroffen hat. Saleh muss sich für seine Äusserungen, der Westen unterstütze die Aufstände in der arabischen Welt, und Obama glaube wohl, er regiere nicht nur die USA, sondern die ganze Welt, entschuldigen. Die USA finanzieren die Protestbewegung in Syrien offiziell mit $6 Mio.

Am 17.3.11 setzen Frankreich, Grossbritannien und die USA im UNO-Sicherheitsrat ein Mandat zum „Schutz der Zivilisten“ durch, nachdem Gaddafi den Krieg gegen die Rebellen im eigenen Land mithilfe einer Söldnerarmee startete. Wären die Alliierten am Schutz der Bevölkerung interessiert, dann würden sie mit Gaddafi verhandeln statt Bomben zu werfen. Bereits im November 2010 beschlossen Frankreich und Grossbritannien, im März 2011 ein gemeinsames Luftwaffenmanöver names „South Mistral“ durchzuführen, wobei in „Southland“ eine Diktatur bekämpft werden soll. Schon Wochen zuvor schickten die Briten Dutzende von MI6-Agenten und die USA CIA-Agenten nach Libyen, um Angriffsziele zu identifizieren und die Rebellen zu unterstützen. Den Alliierten geht es jedoch nicht primär um den Schutz des Volkes (sonst hätten sie an anderen Orten schon viel früher eingreifen müssen), sonst einerseits um das Öl und andererseits aus innenpolitischen Gründen. Libyen verstärkte die wirtschaftlichen und politischen Beziehungen zu China und Russland erheblich, und das Wasser unter der libyschen Wüste hat den fünffachen Wert des Öls.

Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy, von katastrophalen Umfragewerten geplagt, kann sich ein Jahr vor den nächsten Wahlen als heroischer Kämpfer profilieren. Ausserdem muss er sich von Gaddafi distanzieren, dem er 2005 und 2007 die militärische Zusammenarbeit, den Verkauf von Kampfflugzeugen und den Bau eines Atomkraftwerkes versprochen hatte. Industrieminister Christian Estrosi war in dieser Sache noch am 21.10.10 mit einer Industriedelegation in Libyen. Eingefädelt wurden die Deals vom libyschen Geheimdienstkoordinator Abdallah Senussi und von Ziad Takieddine, der 2011 im Zentrum eines aufkommenden Skandals steht. Trotz einem Vermögen von knapp €100 Mio. bezahlt der in Frankreich lebende libanesische Waffenhändler keine Steuern. Die Amerikaner bedanken sich für Sarkozys Vorpreschen bei Libyen-Krieg, indem sie seinen Konkurrenten für die Präsidentschaftswahlen mit einer Vergewaltigungsklage desavouieren. Der Sozialist Dominic Strauss-Kahn, bekannt als Frauenheld, muss auch von seinem Amt als IWF-Chef zurücktreten.

Der britische Premier David Cameron fordert als Erster eine Flugverbotszone in Libyen, und er schliesst einen Bodenkrieg nicht aus. Mit seinem Kriegsbefehl umgeht er das Parlament, womit er von Demontage des Sozialstaats in England ablenken will. 1,3 Mio. Staatsangestellte sollen entlassen werden, angeblich um den (nicht vorhandenen) drohenden Bankrott des Staats zu verhindern. Zudem enthüllte Wikileaks, dass die neue konservative Regierung von Cameron heimlich den Kauf von amerikanischen Kampfflugzeugen und Atom-U-Booten versprochen hatte. Verteidigungsminister Liam Fox muss im Oktober 2011 zurücktreten, weil er unter dem Einfluss des Lobby-Netzwerks Atlantic Bridge steht. Dieses ist vernetzt mit dem American Legislative Exchange Council, was grosse Summen von der Pharma-, Waffen- und Ölindustrie (etwa der Koch Charitable Foundation) erhält. Auch die ehemaligen Minister William Hague, George Osborne, Chris Gayling und Michael Gove waren unter dem Einfluss der Lobbyisten. In den ersten 10 Monaten von Camerons Koalition finden 1537 Treffen von Regierungsvertretern mit Firmenvertretern statt, 1409 Meetings mit Handelsorganisationen und Thinktanks, aber nur 130 Treffen mit Gewerkschaften.

Obwohl die NATO stets behauptet, es gäbe keine ausländischen Truppen in Libyen, schickt der Emir von Katar mehere Hundert Soldaten in den Kampf gegen Gaddafi und unterstützt die Aufständischen mit der Vermarktung des libyschen Öls und mit Darlehen.

Die NATO fliegt in halben Jahr des Kriegs über 26’000 Einsätze gegen Libyen (wovon ca. 9000 Angriffsflüge sind), was $200 Mio. kostet. 50’000 Menschen kommen ums Leben, und 200’000 werden verletzt. Gaddafi wird verhaftet, aber dann erschossen, damit es nicht zu einem Gerichtsverfahren kommt, in dem er unangenehme Details erzählen könnte.

Quelle: http://www.us-politik.ch

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