Freitag, 28. Dezember 2012

Fiscal Cliff: Finanzlobby malt Teufel an die Wand

Fiscal Cliff: Finanzlobby malt Teufel an die Wand:

Fiscal Cliff: Finanzlobby malt Teufel an die Wand

Urs P. Gasche / 28. Dez 2012 – USA: Vermutlich wird ein Mini-Kompromiss etwas Zeit gewinnen. Doch Steuererhöhungen und Budget-Kürzungen könnten ein Segen sein.
Unter der «Fiskalklippe» versteht man Folgendes: Wenn sich die Demokraten und Republikaner bis Ende Jahr auf keinen steuerpolitischen Kompromiss einigen, treten zum 1. Januar 2013 eine Reihe von Massnahmen automatisch in Kraft, die teils noch unter Präsident George W. Bush beschlossen wurden, teils der Kongress im vergangenen August unter dem Druck der drohenden Zahlungsunfähigkeit verabschiedet hatte.
Diese Massnahmen würden das Staatsdefizit um rund 500 Milliarden Dollar jährlich reduzieren:
• Steuersenkungen der letzten Jahre würden rückgängig gemacht: Nicht nur die Einkommenssteuern würden merklich erhöht, sondern auch die Steuern auf Kapitalgewinnen von heute 15 auf 20 Prozent. Die Freigrenze für Grundstück- und Immobliensteuern würde von 5 auf 1 Million Dollar sinken.
• Die privaten Beiträge an die defizitären Rentenversicherungen und an die Gesundheitsausgaben der Pensionierten würden erhöht und Arbeitslosengelder gekürzt, und
• das Budget der US-Regierung würde gekürzt, wobei die Hälfte der Kürzungen das Verteidigungsbudget beträfen.
Würden alle diese Massnahmen zur Reduktion des Staatsdefizits während des ganzen Jahres 2013 in Kraft bleiben, rechnet das «Budget Office» des Kongresses mit einem Rückgang des Bruttoinlandprodukts um 0,5 Prozent. Die Zahl der Arbeitslosen würde leicht steigen.
Vertreter der Finanzwelt und andere Lobbyisten, die von diesen drastischen Einsparungen betroffen wären, warnen vor einer «grossen Rezession», welche die halbe Weltwirtschaft in Mitleidenschaft ziehen würde.
Auch die Tagesschau des Schweizer Fernsehens und manche Zeitungen warnen vor schlimmen Folgen, falls Demokraten und Republikaner die Fiskal-Klippe nicht verhindern können. Einzig die NZZ titelt in der heutigen Ausgabe: «Schieflage des Haushalts ist gefährlicher als das ‘fiscal cliff’».
Doch in den meisten Medien ist von möglicherweise viel schlimmeren Gefahren, welche eine verantwortungslose Defizitwirtschaft zur Folge hat, kaum die Rede: Seit der Finanz- und Schuldenkrise von 2008 haben die USA den Schuldenberg der öffentlichen Hand (Bundesstaat, US-Gliedstaaten, Gemeinden) nicht etwa abgebaut, sondern um mehr als dreissig Prozent (!) auf unvorstellbare 16,7 Billionen Dollar erhöht. Über diese Mega-Superblase hat Infosperber berichtet.
Die wiederholten Defizite sollten Investitionen auslösen und das Wachstum ankurbeln. Doch die US-Wirtschaft kam nicht richtig in Fahrt und die Zahl der Arbeitslosen und Ausgesteuerten blieb hoch. Das Rezept, die Probleme der Arbeitslosen, Renten und Gesundheitskosten mit noch mehr Schulden zu lösen, gehört offensichtlich in die Mottenkiste des letzten Jahrhunderts. Das Versprechen, die Schulden eines fernen Tages dank stark wachsender Wirtschaft zurück zu zahlen, ist eine Augenwischerei. Die vielen Arbeitslosen mit der Hoffnung auf ein künftig noch stärkeres Wachstum zu trösten, ist für die Betroffenen ein Affront.
Mögliches Szenario
In den USA könnte ein wahrscheinliches Szenario so aussehen, dass bis Ende Jahr keine ausreichende Einigung zustande kommt, so dass die oben beschriebenen Massnahmen am 1. Januar in Kraft treten. Doch der Kongress wird im Januar die gesetzlich begrenzte Schuldengrenze einmal mehr erhöhen, einige Steuererhöhungen rückgängig und einige Sozialbeiträge wieder erhöhen.
Das jährliche Defizit des Bundesstaates würde damit etwas reduziert, der Schuldenberg aber weiter erhöht.
Quelle: infosperber

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